Diese Woche bin ich zwei Menschen begegnet, die sich die Frage stellen, ob sie noch auf dem richtigen Weg unterwegs sind. Woraufhin ich sie gefragt habe, woran sie erkennen, was für sie "der richtige Weg" ist. Es wäre so ein Gefühl, antworteten sie unisono, welches sie nicht näher beschreiben könnten. Beide sind sich nur sicher, dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen soll. In welche Richtung sie sich bewegen wollen, ob sie das Gewohnte loslassen können und ob sie überhaupt den Mut für eine Veränderung mitbringen, wissen sie nicht.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass sie auf der Suche nach ihrer Berufung sind. Die eine Person ist von ihrer derzeitigen Tätigkeit gelangweilt, weil sie keine Herausforderung mehr bedeutet. Sie hat das unbestimmte Gefühl, dass das Leben für sie eine andere Aufgabe vorgesehen hat. Der anderen Person war bisher Geld und Karriere wichtiger, um später all das tun zu können, zu der sie vor lauter Leistungsbereitschaft derzeit nicht kommt. Doch das fühlt sich nun, in der Lebensmitte, nicht mehr stimmig an.

Zu der Einstellung, ich mache das, was mir wirklich am Herzen liegt, wenn ich Zeit und Geld dafür habe, hier die Geschichte von einem Geschäftsmann und einem Fischer, die es in mehreren Varianten gibt. Zum Thema "Quäle dich nicht mit Dingen, die nichts mit deiner Bestimmung zu tun haben" gefällt mir die Version aus dem Buch "Das Café am Rande der Welt" von John Strelecky am besten:

“Ein Geschäftsmann fuhr in den Urlaub, um dem Alltag zu entfliehen und 'seine Batterien wieder aufzuladen'. Er flog weit weg in eine abgelegene Gegend und verbrachte einige Tage in einem kleinen Dorf am Meer. Ein paar Tage lang beobachtete er die Dorfgemeinschaft und stellte fest, dass ein bestimmter Fischer am glücklichsten und zufriedensten von allen wirkte. Der Geschäftsmann wollte gerne wissen, woran das lag, und so fragte er den Fischer schließlich, was er jeden Tag tat.

Der Mann antwortete ihm, dass er jeden Morgen nach dem Aufwachen mit seiner Frau und seinen Kindern frühstücke. Dann gingen seine Kinder zur Schule, er fuhr zum Fischen raus und seine Frau malte. Ein paar Stunden später kam er mit genügend Fisch für die Familienmahlzeiten nach Hause und machte ein Nickerchen. Nach dem Abendessen gingen er und seine Frau am Strand spazieren und beobachteten den Sonnenuntergang, während die Kinder im Meer schwammen.

Der Geschäftsmann war fassungslos. 'Machen Sie das jeden Tag?', fragte er. 
'Meistens schon', antwortete der Fischer. 'Manchmal machen wir auch andere Dinge, aber für gewöhnlich sieht mein Leben so aus.' 
'Und Sie können jeden Tag genügend Fische fangen?', fragte der Geschäftsmann. 
'Ja', antwortete der Fischer, 'es gibt viele Fische.' 
'Könnten Sie mehr Fische fangen, als Sie für Ihre Familie mit nach Hause nehmen?' erkundigte sich der Geschäftsmann weiter. 
Der Fischer antwortete lächelnd: 'Oh ja, häufig fange ich viel mehr und lasse sie einfach wieder frei. Sie müssen wissen, ich liebe es zu fischen.' 
'Aber warum fischen Sie nicht den ganzen Tag und fangen so viele Fische, wie Sie können?', hakte der Geschäftsmann nach. 'Dann könnten Sie den Fisch verkaufen und viel Geld verdienen. Schon bald könnten Sie sich ein zweites Boot kaufen und dann ein drittes Boot, andere Fischer beschäftigen, die ebenfalls viele Fische fangen. In ein paar Jahren könnten Sie sich ein Büro in einer großen Stadt einrichten, und ich wette, dass Sie innerhalb von zehn Jahren ein internationales Fischhandelsunternehmen aufbauen könnten.'

Der Fischer sah den Geschäftsmann freundlich an. 'Und warum sollte ich all das tun?' 
'Nun, wegen des Geldes', antwortete der Geschäftsmann. 'Sie würden es tun, um eine Menge Geld zu verdienen, und sich dann zur Ruhe setzen.' 
'Und was würde ich dann in meinem Ruhestand tun?', fragte der Fischer. 
'Na ja, was immer Sie möchten, nehme ich an', sagte der Geschäftsmann. 
'Etwa mit meiner Familie frühstücken?' 
'Ja, zum Beispiel', sagte der Geschäftsmann, ein bisschen verärgert darüber, dass der Fischer sich nicht stärker für seine Idee begeisterte. 
'Und da ich so gerne zum Fischen gehe, könnte ich, wenn ich wollte, jeden Tag ein bisschen fischen?', fuhr der Fischer fort. 
'Ich wüsste nicht, was dagegen spräche', sagte der Geschäftsmann. 'Wahrscheinlich würde es dann nicht mehr so viele Fische geben, aber vermutlich wären noch genügend da.' 
'Vielleicht könnte ich dann auch die Abende mit meiner Frau verbringen. Wir könnten am Strand spazieren gehen und den Sonnenuntergang beobachten, während unsere Kinder im Meer schwämmen?', fragte der Fischer. 
'Sicher, alles, was Sie wollen, wobei Ihre Kinder dann wahrscheinlich schon erwachsen sein dürften', sagte der Geschäftsmann. 
Der Fischer lächelte ihn an, gab ihm die Hand und wünschte ihm gute Erholung."

Die beiden Personen, die ich diese Woche traf, habe ich übrigens gefragt, was sie sich für später aufheben. Allein diese Frage hat dazu beigetragen, dass sie eine Idee von ihrem persönlichen richtigen Weg bekommen.